17.12.24

Fachwissen: Cannabis gegen Migräne und Kopfschmerzen – Kann es Betroffenen helfen?
Kopfschmerzen und Migräne sind weit verbreitete Beschwerden, die den Alltag vieler Menschen stark beeinträchtigen können. Während Spannungskopfschmerzen oft nur lästig sind, können Migräneattacken mit Symptomen wie starken Schmerzen, Übelkeit und Licht- sowie Geräuschempfindlichkeit die Lebensqualität erheblich einschränken. Manche der Betroffenen leiden nur selten unter Migräne, andere erleben mehrmals im Monat schwere Attacken, die den Alltag fast unmöglich machen. Die Suche nach wirksamen Behandlungen ist oft frustrierend, da herkömmliche Medikamente nicht immer helfen oder Nebenwirkungen mit sich bringen. Könnte medizinisches Cannabis eine natürliche Alternative sein?
Wie könnte Cannabis wirken?
Die Wirkung von Cannabis bei Migräne wird durch seine Interaktion mit dem Endocannabinoid-System des Körpers erklärt. Dieses System steuert unter anderem Schmerzempfindungen, Entzündungsreaktionen und den Stressabbau. Die Hauptwirkstoffe in Cannabis, THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol), binden an spezielle Rezeptoren (CB1 und CB2) im Nervensystem, die eine Rolle bei der Schmerz- und Entzündungsregulation spielen.
Mögliche Effekte von Cannabis:
- Schmerzlinderung: THC und CBD können durch die Aktivierung von CB1-Rezeptoren die Schmerzwahrnehmung reduzieren.
- Entzündungshemmung: Cannabis hemmt entzündungsfördernde Zytokine, die bei Migräne eine Rolle spielen können.
- Muskelentspannung: Viele Betroffene berichten, dass Cannabis dabei hilft, muskuläre Verspannungen zu lösen, die bei Migräne und Kopfschmerzen auftreten.
- Stressabbau: Migräne ist oft mit Stress verbunden. Die beruhigenden Eigenschaften von THC und CBD können helfen, die Belastung während einer Attacke zu mindern.
Was sagt die Forschung?
In mehreren Studien zeigte sich, dass medizinisches Cannabis Migränesymptome lindern kann:
- Wirksamkeit von THC- und CBD-Blüten: Eine randomisierte Studie aus dem Jahr 2024 zeigte, dass die Inhalation von Cannabisblüten mit einer Mischung aus 6% THC und 11% CBD Schmerzen sowie Begleitsymptome wie Licht- und Geräuschempfindlichkeit deutlich reduzierte.
- Reduktion der Migränefrequenz: Eine retrospektive Analyse ergab, dass über 85% der Teilnehmenden ihre Migränehäufigkeit mit Cannabis von durchschnittlich 10,4 auf 4,6 Anfälle pro Monat senken konnten. Als besonders effektiv stellten sich dabei Inhalationsmethoden wie das Verdampfen heraus.
- Langfristige Linderung: Eine App-basierte Analyse von 12.293 Sitzungen ergab, dass Cannabis die Schmerzintensität bei Migräne um etwa 50% verringerte. Konzentrate waren effektiver als Blüten.1
- Vergleichsstudien: In klinischen Studien schnitten THC- und CBD-Kombinationen bei der Reduktion von Migräneanfällen besser ab als herkömmliche Medikamente, mit weniger Nebenwirkungen.2
Gibt es Risiken?
Wie bei jeder Behandlung gibt es auch bei Cannabis mögliche Nebenwirkungen:
- Psychische Effekte: THC kann in hohen Dosen zu Angst, Paranoia oder Schwindel führen. Besonders bei Erstkonsument:innen ist Vorsicht geboten.
- Toleranzentwicklung: Die langfristige Anwendung kann zu einer geringeren Wirksamkeit führen, wodurch höhere Dosen erforderlich werden.
- Langzeitwirkungen: Da Cannabis in vielen Ländern erst seit kurzem medizinisch genutzt wird, fehlen Langzeitstudien zu möglichen chronischen Effekten regelmäßigen Konsums.
Ist Cannabis die Lösung?
Medizinisches Cannabis könnte für manche Menschen eine hilfreiche Ergänzung oder Alternative zu herkömmlichen Migränebehandlungen sein, insbesondere wenn diese nicht ausreichend wirken oder unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Die bisherigen Studien legen nahe, dass Cannabis die Schmerzintensität reduzieren und die Häufigkeit von Migräneanfällen senken kann. Es ist jedoch wichtig, die Therapie mit einem Arzt abzusprechen, da die Wirkung individuell unterschiedlich ist.
Insgesamt zeigt die Forschung, dass Cannabis das Potenzial hat, Migränesymptome zu lindern. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob zukünftige Studien diese positiven Ergebnisse bestätigen und weitere Einblicke in die optimale Anwendung geben können.
Hinweis:
Falls du über den Einsatz von medizinischem Cannabis nachdenkst, informiere dich bei einem Arzt bzw. einer Ärztin oder einer spezialisierten Praxis. Die Therapie sollte individuell angepasst und überwacht werden, um die besten Ergebnisse bei minimalen Nebenwirkungen zu erzielen.
Quellen:
[1] Cuttler C, Spradlin A, Cleveland MJ, Craft RM. Short- and Long-Term Effects of Cannabis on Headache and Migraine. J Pain. 2020 May-Jun;21(5-6):722-730.
[2] https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/medizinalhanf-neue-indikation-thc-cbd-cannabis-bei-migraene/ abgerufen am 16.10.2024.