25.08.24
Cannabis-Legalisierung in Deutschland: Die Veränderungen seit dem 01. April 2024 im Überblick
- Anbau und Eigenkonsum: Erwachsene dürfen bis zu 3 Cannabispflanzen pro Person für den Eigenkonsum anbauen. Es ist erlaubt, bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis im eigenen Wohnsitz und 25 Gramm außerhalb der Wohnung zu besitzen.
- Anbauvereinigungen: Cannabis Social Clubs sind nicht-kommerzielle Vereine, die den persönlichen Cannabis-Bedarf der Mitglieder decken. Für die Anbauvereinigungen gelten zahlreiche Rahmenbedingungen u.a. hinsichtlich Mitgliederzahl, Menge und Konsum.
- THC-Grenzwerte im Straßenverkehr: Es gilt ein neuer THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml Blut im Straßenverkehr. Der Mischkonsum von Cannabis und Alkohol ist verboten.
- Strafamnesie: Verurteilungen wegen Handlungen, die nun straffrei sind, können ab dem 01. Januar 2025 auf Antrag aus dem Strafregister gelöscht werden.
- Medizinische Verordnungen: Die Verordnung von Medizinalcannabis ist seit der Re-Klassifizierung einfacher, jedoch bleibt die Kostenübernahme durch die Krankenkassen an bestimmte Bedingungen geknüpft.
Am 01. April 2024 hat Deutschland einen historischen Schritt gemacht: Die Legalisierung von Cannabis trat offiziell in Kraft. Dieser Meilenstein hat zahlreiche Veränderungen mit sich gebracht – sowohl für Konsument:innen und Patient:innen als auch für die Gesellschaft insgesamt.
Seit der Legalisierung von Cannabis hat sich die öffentliche Wahrnehmung verändert. Wo früher Vorurteile und Stigmatisierung herrschten, werden heute die ersten zaghaften Schritte hin zu mehr Akzeptanz in der Gesellschaft gegangen. Wünschenswert wäre, dass Cannabis nicht mehr als Tabuthema betrachtet, sondern als Teil einer modernen Lebensweise akzeptiert wird. Viele Deutsche begrüßen die Möglichkeit, Cannabis legal und sicher zu konsumieren, ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen haben zu müssen. Insbesondere jüngere Generationen sehen Cannabis als weniger gefährlich an als Alkohol oder Tabak.
Nach wie vor werden vor allem die gesundheitlichen Aspekte der Cannabis-Legalisierung intensiv diskutiert. Auf der positiven Seite steht der erleichterte Zugang zu medizinischem Cannabis, das in der Schmerztherapie und bei chronischen Erkrankungen Anwendung findet. Patient:innen profitieren von einer verbesserten Verfügbarkeit und Qualität der Produkte.
Dennoch gibt es auch Bedenken. Die Auswirkungen des regelmäßigen Cannabiskonsums, insbesondere bei Jugendlichen, werden weiterhin kritisch beobachtet. Die Regierung hat umfangreiche Aufklärungskampagnen gestartet, um die Bevölkerung über die Risiken des Cannabiskonsums aufzuklären und den verantwortungsvollen Umgang zu fördern.
Ein weiterer gesundheitlicher Aspekt ist die Kontrolle der Qualität. Durch die Legalisierung kann die Qualität der Produkte besser überwacht werden, wodurch das Risiko von Verunreinigungen und unkontrolliertem Konsum sinkt.
In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, welche rechtlichen Festlegungen bereits in Kraft getreten bzw. welche Entwicklungen seit der Legalisierung zu beobachten sind und wie sich das Leben in Deutschland verändert hat.
Privater Eigenanbau
Mit der Teillegalisierung vom 01. April 2024 darf Cannabis legal zu Hause angepflanzt werden. Dabei gibt es allerdings einige Regeln zu beachten:
- Erwachsene dürfen Cannabis zum privaten Eigenkonsum anbauen, wenn sie seit mindestens sechs Monaten einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
- Es dürfen pro volljährige Person eines Haushalts bis zu drei Cannabispflanzen gleichzeitig angebaut werden. Über diese Anzahl hinausgehende Pflanzen sind umgehend im Ganzen zu vernichten.
- Erwachsene dürfen an ihrem Wohnsitz insgesamt nicht mehr als 50 Gramm getrocknetes Cannabis zum ausschließlichen Eigenkonsum besitzen.
- Ganz wichtig ist außerdem: Cannabis aus Eigenanbau dient einzig allein zum privaten Eigenkonsum und darf unter keinen Umständen an Dritte weitergegeben werden.
Doch wie gelangen Erwachsene eigentlich an Cannabissamen?
Für den privaten Eigenkonsum dürfen Cannabissamen aus EU-Mitgliedsstaaten nach Deutschland eingeführt werden. Dazu zählt auch der Erwerb von Cannabissamen über das Internet, per Fernabsatz sowie der allgemeine Versand nach Deutschland. Wenn Cannabissamen oder Stecklinge beim gemeinschaftlichen Eigenanbau in Anbauvereinigungen entstanden sind, dürfen bis zu sieben Cannabissamen oder fünf Stecklinge pro Monat an volljährige Nicht-Mitglieder weitergegeben werden. Auch eine gemischte Weitergabe von Samen und Stecklingen ist erlaubt: hier dürfen insgesamt maximal 5 Samen und Stecklinge abgegeben werden. Nicht-Mitglieder müssen Anbauvereinigungen für die Herstellung der weitergegebenen Cannabissamen und Stecklinge entstandene Selbstkosten erstatten.
Beim Eigenanbau von Cannabis ist außerdem darauf zu achten, dass:
- Cannabispflanzen und Cannabissamen vor dem Zugriff durch Kinder, Jugendliche und Dritte geschützt sind, indem Pflanzen, Samen, geerntetes Haschisch sowie Marihuana in abschließbaren Schränken oder Räumen aufbewahrt werden.
- keine unzumutbaren Belästigungen und Störungen für Nachbarn verursacht werden. Geruchsbelästigungen können beispielsweise durch Lüftungs- oder Luftfilteranlagen vermieden werden.
Strafgesetz
- Cannabis wurde mit der Teillegalisierung neu klassifiziert und wird nun nicht mehr als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes eingestuft. Konkret bedeutet das in Bezug auf das Strafgesetz:
- Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken unabhängig vom jeweiligen THC-Gehalt und Herkunft ist straffrei.
- Der private Eigenanbau (von bis zu 3 Cannabispflanzen pro Person) ist straffrei.
- Der Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis zum Zweck des Eigenkonsums in der eigenen Wohnung ist straffrei.
- Der gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau sowie die Weitergabe an Mitglieder in Anbauvereinigungen ist straffrei.
- Der Besitz von mehr als 25 Gramm und bis zu 30 Gramm Cannabis stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.
- Der Besitz von über 50 Gramm bis zu 60 Gramm Cannabis am Wohnsitz einer Person ist ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit.
- Sollten Erwachsene und Jugendliche die Grenze von 30 Gramm bzw. 60 Gramm überschreiten, machen sie sich wie vor der Teillegalisierung weiterhin strafbar.
Strafamnesie
Mit der Teillegalisierung tritt auch eine sogenannte Strafamnesie für Strafverfahren in Bezug auf Cannabis in Kraft. Eingetragene Verurteilungen aus dem Bundeszentralregister können demnach gelöscht werden, wenn diese ausschließlich wegen einer Handlung eingetragen sind, für die das Gesetz künftig keine Strafe mehr vorsieht. Verurteile Personen müssen dafür einen Antrag stellen, welcher von der Staatsanwaltschaft darauf geprüft wird, ob die Eintragung tilgungsfähig ist. Sollte dem so sein, bekommt die verurteile Person und die zuständige Registerbehörde durch die Staatsanwaltschaft Bescheid und die Registerbehörde muss die Eintragung tilgen.
Anzumerken ist hier, dass diese Regelungen zur Strafamnesie erst ab 01. Januar 2025 gelten!
Straßenverkehr
Am 06. Juni 2024 stimmte der Deutsche Bundestag einem Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes zu.
Seit 22. August 2024 gilt der neue THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml Blut, ähnlich der Alkoholgrenze von 0,5 Promille. Die Überschreitung dieses Wertes wird mit einem Bußgeld von 500 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot geahndet. Zudem ist der gleichzeitige Konsum von Alkohol und Cannabis strikt verboten. Hierfür wird ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro fällig. Der strengere Grenzwert von 1,0 ng/ml gilt weiterhin für Fahranfänger und unter 21-Jährige.
Vom Grenzwert ausgenommen sind Cannabis-Patient:innen, die sich in einer stabil eingestellten Cannabistherapie befinden. Die Mitnahme eines ärztlichen Attestes wird empfohlen, um bei Verkehrskontrollen nachweisen zu können, dass Cannabis als ärztlich verordnetes Medikament eingenommen wird.
Anbauvereinigungen/Social Clubs
Seit dem 01. Juli 2024 ist es Anbauvereinigungen gestattet, Cannabis anzubauen. Diese Anbauvereinigungen sind eingetragene, nicht-wirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften, deren Zweck:
„der gemeinschaftliche, nicht-gewerblichen Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis und Vermehrungsmaterial (Samen und Stecklinge von Cannabispflanzen) zum Eigenkonsum sowie die Information ihrer Mitglieder über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung ist.“ - BMG
Für die sogenannten Social Clubs gelten dabei folgende Bedingungen:
- Anbauvereinigungen dürfen maximal 500 Mitglieder haben, welche das 18. Lebensjahr vollendet und seit mindestens 6 Monaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben müssen.
- In der Satzung der Anbauvereinigung muss eine Mindestmitgliedschaft von drei Monaten verankert sein.
- Cannabis darf weder verkauft noch verschenkt werden. Es darf ausschließlich von Mitgliedern der Anbauvereinigung angebaut und auch nur an diese zum privaten Eigenkonsum abgegeben werden. Dafür zahlen Mitglieder Beiträge, die in der Satzung der Anbauvereinigung festgelegt sind.
- Mitglieder erhalten maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und höchstens 50 Gramm Cannabis pro Monat zum privaten Eigenkonsum. Dies gilt für erwachsene Personen. Heranwachsende Personen, die zwar das 18., aber nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben, dürfen monatlich höchstens 30 Gramm Cannabis bekommen, wobei der THC-Gehalt von zehn Prozent nicht überschritten werden darf.
- Anbauvereinigungen dürfen nicht in der Nähe von Schulen, Spielplätzen sowie anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen entstehen. Zu diesen Einrichtungen muss ein Mindestabstand von 200 Metern eingehalten werden.
- Der Konsum von Cannabis ist auf dem Grundstück, der Anbaufläche, im Gewächshaus sowie im Gebäude der Anbauvereinigung verboten. Außerdem darf Cannabis auch nicht in einem Abstand von 100 Metern um den Eingangsbereich der Anbauvereinigung konsumiert werden.
Die Gründung sowie Eintragung einer Anbauvereinigung in das Vereins- bzw. Genossenschaftsregister ist nicht ausreichend, um Cannabis anbauen zu dürfen. Für den Cannabisanbau und die Weitergabe von Cannabis an Mitglieder der Anbauvereinigung ist eine zusätzliche behördliche Erlaubnis nötig, die auf 7 Jahre befristet ist und nach Ablauf von mindestens fünf Jahren mittels eines Antrags verlängert werden kann.
Verordnungen
Mit der Teillegalisierung ist es für Patient:innen einfacher geworden, sich Medizinalcannabis verschreiben zu lassen. Früher durfte medizinisches Cannabis aufgrund seines Status als Betäubungsmittel erst als Medikament der letzten Wahl zum Einsatz kommen, sprich wenn andere herkömmliche verschreibungspflichtige Arzneimittel keine oder keine ausreichende Wirkung zeigen. Aufgrund der Re-Klassifizierung ist es Ärzt:innen nun möglich, medizinisches Cannabis bereits zu einem früheren Zeitpunkt in der Therapie zu verordnen. Unberührt davon bleibt jedoch die Kostenübernahme seitens der Krankenkasse. Sollen die Kosten für die Cannabistherapie von der Krankenkasse erstattet werden, so bedarf es eines Antrages vor der ersten Verordnung. Ausgenommen davon sind jedoch einige Facharztgruppen mit entsprechender Zusatzbezeichnung.
Die erhöhte Anzahl an Verordnungen führt zu einer gesteigerten Nachfrage bei Unternehmen, allen voran Herstellern von medizinischem Cannabis, sowie Apotheken, die medizinisches Cannabis an Patient:innen liefern. Der damit verbundene Anstieg der Steuereinnahmen, soll als zusätzliche Einnahmen in öffentliche Projekte fließen, etwa in den Ausbau von Bildungs- und Gesundheitsprogrammen zur Prävention und Aufklärung.
Fazit
Seit der Legalisierung von Cannabis am 01. April 2024 hat sich in Deutschland vieles verändert. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist gestiegen, die Wirtschaft hat von neuen Geschäftsmöglichkeiten profitiert, und das Gesundheitssystem hat sich auf neue Herausforderungen eingestellt. Die Entkriminalisierung von Cannabis führte zu Veränderungen im Justizsystem und bietet Menschen, die in der Vergangenheit wegen Cannabisdelikten verurteilt wurden, eine neue Perspektive.
Doch die Legalisierung ist auch mit Verantwortung verbunden. Die Regierung und die Gesellschaft stehen vor der Aufgabe, einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis zu fördern und die negativen Auswirkungen zu minimieren. Mit einer Kombination aus Aufklärung, Prävention und Regulierung kann Deutschland jedoch die Chancen, die die Legalisierung bietet, optimal nutzen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sich diese Entwicklungen weiter manifestieren und welche langfristigen Auswirkungen die Legalisierung auf die deutsche Gesellschaft haben wird. Eines steht jedoch fest: Der 01. April 2024 markiert einen Wendepunkt in der deutschen Drogenpolitik.